Eigentlich sollte es dieses Abschiedsrennen ja gar nicht geben. Als Sven den Entschluss getroffen hatte, seine Karriere als Profisportler aufzugeben, verschwendete er keinen Gedanken an eine solche Veranstaltung. Wie groß der Wunsch der Fans war "Tschüss und Danke Sven!" zu sagen, das hatte er ehrlich unterschätzt. Es hat recht lange gedauert, bis er sich entschließen konnte, sich offiziell zu verabschieden, doch als er sich dazu entschieden hatte, hat er sich, zusammen mit seinem Verein, dem WSV 05 Oberhof, mit viel Energie in die Vorbereitungen gestürzt. 

Schnell war klar: Sven wollte keine separate Veranstaltung. Ein Rennen im Rahmen der Deutschen Meisterschaften in Oberhof war ihm lieber als ein Fest, das sich nur um ihn drehen würde. Dieser Gedanke war ihm ganz und gar unsympathisch. Nach kurzer Zeit stand fest: es sollte ein Rennen samstags zwischen den beiden Meisterschaftsläufen werden. 

Es blieben nur ein paar Wochen Zeit, Gäste einzuladen und das Rennen vorzubereiten. Nicht alle Kollegen konnten Svens Einladung folgen. Der Freund Vincent Defasne z. B. hatte einen wichtigen Termin, den er nicht verschieben konnte und auch Christoph Sumann musste absagen, denn er hatte Wichtigeres vor: er heiratete an diesem Tag. Ludwig Gredler war Gast bei Sumanns Hochzeit und Willi Pallhuber bekam leider nicht dienstfrei. Die eingeladenen Norweger sagten wegen der nationalen Sommer-Biathlon-Wettbewerbe ab.

Trotzdem, die Gästeliste konnte sich sehen lassen. 44 Teilnehmer gingen am 15.09.2007 in 22 Staffeln ins Rennen:

  • Andreas Birnbacher / Jean Becker
  • Vladimir Dratschev / René Becher
  • Michael Greis / Jörg Pertuch
  • Jay Hakkinen / Frank Luck
  • Simon Hallenbarter / René Altenburger-Koch
  • Norman Jahn / Ronny Möller
  • Mark Kirchner / Lars Kreutzer
  • Alexej Kobelev / Frank Schmidt
  • René König / Sven Fischer
  • Viktor Maigurov / Carsten Heymann
  • Fabian Mund / Marco Danz
  • Carsten Pump / Odd Snerthammer
  • Michael Rösch / Thomas Henkel
  • Matthias Simmen / Peter Sendel
  • Christoph Stephan / Raik Dittrich
  • Sergej Tschepikov / Torsten Thrän
  • Robert Wick / Jan Hofmann
  • Alexander Wolf / Jan Wüstenfeld
  • Jörn Wollschläger / Heiko Karl
  • Roland Zwahlen / Frank Preissler
  • Ricco Groß / Heiko Storch
  • Daniel Graf / Marco Meuschke

Alle Teilnehmer waren Mitstreiter Svens: Biathleten, mit denen er zusammen im Weltcup gelaufen war, teils noch aktiv, teils Ehemalige. Und seine Mitschüler, mit denen er in der KJS (Kinder- und Jugensportschule) eingeschult worden war, sie waren allesamt gekommen. Einzige Ausnahme: der Norweger Odd Snerthammer, langjähriger Physiotherapeut der Norweger und Freund von Sven erfüllte dieses Kriterium zwar nicht, hielt sich aber als Joker bereit und konnte tatsächlich teilnehmen.

 

Um 13 Uhr ging's dann los: Sven ging mit seinen ehemaligen Schulkameraden joggend auf eine erste Runde durch das vollbesetzte Station. Annähernd 10.000 Fans waren gekommen - und auch das Wetter spielte mit. Die Tage zuvor hatte es geregnet, aber rechtzeitig zum Wochenende kam die Sonne hervor. Sonnengelb waren auch die T-Shirts, die die Klassenkameraden trugen. 
Danach gab Sven den Startschuss für die Startläufer der 22 Staffeln. In der Startgruppe standen alle Athleten, die noch aktiv sind und schon das  Sprintrennen der deutschen Meisterschaft absolviert hatten. Sven war dankbar, dass die Aktiven sich trotz des vorangegangenen Rennens bereit erklärt hatten in seinem Abschiedsrennen mitzulaufen und wollte ihnen längere Wartezeiten ersparen. Die Startläufer wechselten dann auf die Schlussläufer, von denen einige schon lange aus dem Geschäft sind. Einer hatte gar 1992 das letzte Mal ein Gewehr in der Hand gehabt! Deswegen wurden die Regeln für die Schießeinlagen dieser Gruppe gelockert: sie schossen liegend auf Stehendscheiben. 

Wie's ausging? Unwichtig! Alle kamen ins Ziel, keiner war gestürzt, alle hatten ihren Spaß. Im Ziel wartete schon eine Überraschung auf Sven: sein Freund Ebs (Michael Rösch) hatte für diesen Anlass extra ein T-Shirt entworfen, das er Sven im Zielraum überstreifte. Darauf: das ZDF-Logo, ein Bild von Sven und der freche Spruch "Die neue Petra Behle". - Petra Behle selbst war übrigens auch da. Warum sie und andere Frauen nicht ins Rennen eingeplant waren, hatte folgenden Grund: das DM-Sprintrennen der Damen war am Nachmittag. Sie vorher in einem Spaßrennen antreten zu lassen, hätte er als unfair empfunden. 

 

Nach dem Rennen ging's noch einmal auf eine Ehrenrunde zusammen mit den Gästen. Sven lief eng am Zaun vorbei und ließ sich von den Fans abklatschen. Für viele ein ganz besonderer, bewegender Moment - auch für Sven selbst. Dazu lief keine Schnulze à la "Time to say good-bye", sondern ein Lied, das bei vielen schöne Erinnerungen weckte: "Fire in your heart" von Sissel Kyrkjebo, die Hymne der Olympischen Spiele von Lillehammer 1994. 

 

Was folgte, war ein wahrer Autogramm-Marathon. Extra für diesen Tag hatten wir uns eine Autogrammkarte überlegt, die sich von allen bisherigen unterscheiden sollte. Die Karte war verteilt worden, wer wollte, konnte sie sich von Sven unterschreiben lassen (vorausgesetzt er schaffte es, sich durch die Menschenmassen vorzukämpfen). Sven nahm sich die Zeit, er wollte, dass an diesem Tag jeder ein Autogramm bekommen konnte, der eines wollte. Die Zwänge all der Jahre zuvor gab es nicht mehr: auslaufen, schnell umziehen, damit man sich keine Erkältung einfängt, Massage, Essen und Ruhe vor dem nächsten Rennen...
 

Nach dem DM-Sprint der Damen folgten die Siegerehrungen der DM-Rennen und dann die offizielle Verabschiedung Svens im Stadion. Thüringens Ministerpräsident war eigens angereist um Sven zu verabschieden, der Präsident des WSV 05 Oberhof, Michael Heym und die Präsidentin des Thüringer Skiverbandes Sabine Reuß hielten Reden, bis Sven selbst das Wort ergriff und den Hauch von Trauerstimmung verscheuchte. Hier kündigte er an, so ein Rennen mit Freunden, Ehemaligen und Aktiven auch in den nächsten Jahren organisieren zu wollen. Zum Schluss wurde noch ein Feuerwerk abgebrannt. Damit war der offizielle Teil der Verabschiedung beendet, aber in zwei Zelten wurde bis in die Nacht hinein weitergefeiert. 

 

Eine Fotostrecke folgt in den nächsten Tagen!


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